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Donnerstag, 2. Dezember 2010

0,0050229 Euro

Die Medien (Presse, Wirtschaftsblatt, Kurier) melden, dass die Staatsanwaltschaft gegen die Leitung der Immofinanz ermittelt: Im Jahr 2009 hatte die Immofinanz an die fünf Mitglieder der Vorstandes Kredite vergeben um von der Firma emittierte Wandelanleihen zu kaufen (siehe Geschäftsbericht 2009/10, Seite 225).

Um welchen Betrag geht es hier? Vier Vorstände durften je 1,049 Millionen Euro aufnehmen, während die Immofinanz 1.044.216.769 Aktien in Umlauf hat, also ganze 0,0050229 Euro pro Aktie. 

Trotzdem herrscht eine gewisse Aufregung. Diese scheint auf zwei Fragen zu ruhen: Einerseits ob und wenn ja wann solche Käufe meldepflichtig sind (das interessiert mich hier weniger), andererseits ob diese Art der Vorstandsvergütung den Aktionäre schadet - speziell die Kreditvergabe.

Meine Sicht dazu ist folgende: 


Der Anleihekauf erhöht das Interesse am Überleben der Firma (geht diese bankrott sind auch die Anleihen weniger oder gar nichts wert) was natürlich ganz im Interesse der Aktionäre ist, gerade in der Situation der Immofinanz im fraglichen Zeitraum wo selbst die Kurse der Anleihen nur um die 30% waren. Das ist also ähnlich einem normalen Aktien-Incentive-Programm.
 
Wie sieht es mit dem Risiko des Kredites aus? Dieser ist durch Verpfändung der Anleihen besichert - solange die Immofinanz überlebt ist also kein Kreditrisko vorhanden. Sollte andererseits die Immofinanz nicht überleben dann haben die Aktionäre andere Sorgen als 4,2 Millionen Euro zusätzliche Kredite bei rund 12 Milliarden Bilanzsumme.

Ich hier keinen Nachteil für die Aktionäre erkennen.  Aber Hauptsache wir können uns aufregen und die Bürokraten können wichtig.


Disclosure: Ich besitze Immofinanzaktien.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sie erkennen keine Nachteile für Aktionäre,wenn

-) ein Unternehmen das laut eigenen Angaben Liquiditätsprobleme hat eine Kreditlinie an den Vorstand beschließt?

-) ein Unternehmen nicht nur eine Kreditlinie vergibt sondern diese auch nicht im relevanten Geschäftsbericht veröffentlicht (wer weiß was der Vorstand mittlerweile noch alles bekommen hat, dem GB kann man in dieser Hinsicht offensichtlich nicht mehr trauen)?

-) ein Unternehmen das in dem Jahr den größten Verlust in der Geschichte der Wr. Börse hatte, rund 10 Mio sofort wirksamen Gewinn wegwirft?

-) ein angeblich supersauberer "Incentive"programm verheimlicht werden muss und nur dank einem Insider bekannt wird?

-) der angebliche Zweck dieses Programms nicht einmal erreicht wurde (die Mehrheit der Vorstände die dadurch gebunden werden sollten haben das Unternehmen mittlerweile verlassen)?

-) es keine Informationen darüber gibt was mit den "incentives" der gegangenen Vorstände passiert ist?

-) der CEO dieses Unternehmens anscheinend selber ein schlechtes Gewissen haben muss, wenn er kritische Aktionäre, die dieses mysteriöse Programm von der Justiz durchleuchtet haben wollen, als G'fraster bezeichnet?

DKD hat gesagt…

Leider verspätet (habe im Moment wenig Zeit mich um den Blog zu kümmern) eine Antwort auf Anonym:

-) Liquiditätsproblem? Zu dem Zeitpunkt nicht mehr ("Sogar die Banken sind überrascht, dass wir soviel Cash haben" - Zehetner im Wirtschaftsblatt, 15.3.2009, Link s.u.).
Aber selbst wenn, mit dem Kredit wurden der Immofinanz wiederum Anleihen abgekauft, also insgesamt kein Bargeldabfluss.

-) Doch, ist im GB 2009/10, siehe Blogposting.

-) Woher die 10 Mio "sofort wirksamen Gewinn" herkommen ist mir unklar. Aber selbst wenn es so wäre - der Wert einer Firma kommt vom langfristigen Cash-flow, nicht von kurzfristiger "sofort wirksamer" Gewinnkosmetik. (Wenn Sie das nicht verstehen, dann zurück in den Wirtschftskindergarten)

-) Wie schon gesagt, das "verheimlichte" Programm steht im Geschäftsbericht. (Ja ich weiss, kaum jemand nimmt sich die Zeit den zu lesen - selber schuld.)

-) "der angebliche Zweck dieses Programms nicht einmal erreicht wurde" Das mag ein berechtigter Kritikpunkt sein, gute Frage für die nächste Hauptversammlung.

-) "keine Information" Haben Sie gefragt, z.B. die Investor Relations der Immofinanz?

-) "G'fraster" Ich weiss nicht worauf Sie sich genau beziehen; ich kann aber auf jeden Fall verstehen, dass jemand der einen Großbetrieb rettet und sich dann unmotivierte Anfeindungen gefallen lassen muss frustriert sein kann. (Es wäre produktiver gewesen, wenn die kritischen Geister beim vorigen CEO aktiver gewesen wären.)

P.S.: Link zum Zehetner-Interview:
http://www.wirtschaftsblatt.at/home/boerse/bwien/immofinanz-chef-zehetner-im-interview-erstes-ziel-waere-kurs-von-2-bis-3-euro-366155/index.do